Kunst der Natürlichkeit
Während seiner Aufnahmen teilt Ralf Koschnicke den Klang in viele einzelne Tonspuren,
die er im Studio zu einem homogenen Ganzen vereint. Warum und wie er das
macht, demonstrierte uns der Chef des Acousence-Labels bei zwei Ortsterminen
F
ü r viele ST E R E O -L eser ist R alf
Koschnicke zum indest indirekt kein
U n b ekannter. D er G rü n d er des in
W öllstein nahe M ainz ansässigen Labels
A cousence h at n äm lich die fantastisch
klingenden O rchester- u n d K lavierauf-
nah m en gem acht, die auf unserer ersten
STEREO H ö rte st-E d itio n v ersam m elt
sind. A udiophile Preziosen, die den V er-
gleich selbst m it m anchem H ighlight aus
K eith Johnsons „Reference R ecordings“
n icht zu scheuen brauchen.
U nd dabei ist Koschnicke nichtm al stu -
d ierter T o n ingenieur, so n d ern k am als
Physiker u n d begeisterter Seiteneinstei-
ger zum Tonm eisterberuf. D er M ann, der
seit seiner K indheit in vielfältiger W eise
m it M usik zu tu n hat, ist in Sachen T o n -
technik A utodidakt und sagt heute: „W er
w eiß, ob m ir eine akadem ische A usbil-
d ung in diesem kom plexen, aber leider
zugleich m it D o g m en u n d D o k trin e n
zugestellten Bereich förderlich gewesen
wäre und nicht sogar die eine oder andere
E ntdeckung v erhindert hätte.“
F rü h z u H o c h b it b e k a n n t
N anu, wie das? Als besonders griffiges Bei-
spiel nennt der gebürtige Rheinhesse seine
frühe H inw endung zur H ochbittechnik.
W ährend selbst von angesehenen V ertre-
tern der B ranche der klangliche N utzen
von Bitlängen u n d A btastraten oberhalb
des C D -Standards von 16 Bit/44,1 Kilo-
hertz b estritten w ird, hat K oschnicke die
H ochbitw elt frü h erk u n d et u n d n im m t
seit Langem ausschließlich im Form at von
24 Bit/192 K ilohertz auf. E inw ände von
P uristen gegen die D igitaltechnik hält der
O hrenm ensch für unsinnig und betrachtet
sie als Relikte aus der Anfangszeit digitaler
A ufnahm en, als Form ate u n d E quipm ent
no ch längst n ich t dem heutigen N iveau
entsprachen.
T atsächlich h at m an bei den A ufnah-
m en des M a n n es m it einem speziellen
Faible für M ahler nie den E indruck von
Ü berbrillanz, vo rd erg rü n d ig er A nalytik
20 STEREO 10/2014